Kneipengespräche

Manchmal sollte man sein Gepäck am Wegesrand stehen lassen und einen völlig anderen Weg erkunden.   


Der Sinn hinter meinem Notausgang war es einen Sinn zu finden, beziehungsweise meiner täglichen Arbeit einen Sinn zu verleihen. Um jene Berufung zu finden, schien es mir am sinnigsten mich erstmal mit einem Job auf dem Wasser zu halten, der sich von meinen bisherigen Aufgaben stark unterscheidet, mir genug Raum für freie Gedanken bietet, Zeit mich mit Themen die mich interessieren und in denen ich meine Zukunft sehe auseinander zu setzen (Nachhaltigkeit, Soziales Ehrenamt, wirtschaftliche Alternativen...) und indem ich mit unterschiedlichen Menschen zu tun habe.

Welcher Job eignet sich hierfür besser, als ein Teilzeit Job als Barkeeperin? 


Wie sich heraus stellen sollte, gibt mir der Job noch mehr als ich dachte.

Wenn ich Etwas mache, dann mit Leidenschaft. Deswegen ist der Job in der Bar für mich auch nicht bloß ein "Getränke austeilen und abkassieren" - sonst könnte es ein Getränkeautomat erledigen - sondern ein Platz voller interessanter Menschen hinter den Gläsern. In der Gastronomie lernt man nicht nur schnelles Agieren und effektives Zeitmanagement, sondern schult ebenso seinen Umgang mit den unterschiedlichsten Individuen. Denn an kaum einen Ort finden sich so viele verschiedene Charaktere, Persönlichkeiten, Altersklassen, Bildungsstände, Kulturen, Nationalitäten, Berufsgruppen, Intentionen... zusammen, wie in einer urigen Berliner Kneipe. Und weil ich in jedem Menschen etwas Gutes sehe, bis man mir das Gegenteil entgegen bringt und etwas Interessantes suche, bis man mich langweilt, habe ich mein Sammelsorium um wahnsinnig viele Gespräche, Geschichten und Menschen erweitern können. Seien es Diskussionen zum Zusammenhang zwischen Ernährung und Umweltschutz, Meinungen zu erneuerbaren Energien oder dessen Platz in Gegenwart und Zukunft, die Arbeit in Selbstständigkeit oder großen Konzernen, Musikbusiness und Erweiterung des kreativen Horizontes, Politik und gesellschaftliche Einstellungen, Reise-Tipps und allgemeine Ratschläge... - die Aufzählung lässt sich ewig weiter führen. Es gibt kaum Etwas, über das am Tresen nicht gesprochen wird. 


Deshalb bin ich wahnsinnig froh über diese Bereichung und werde dem auch weiterhin gelegentlich nachkommen. So wie bei Vielem im Leben, kommt es auf die Menge oder die Häufigkeit an, (nicht nur beim Alkoholkonsum) so fand ich drei Tage die Woche genau richtig, um einen angenehmen Pegel zu erreichen. Auch finanziell kam ich durch materielle Fokussierung damit ganz gut aus. Wer seine Persönlichkeit und seinen Eindruck auf Menschen reflektieren möchte, extrovertierter, schlagfertiger, offener werden möchte, dem sei die Gastronomie die beste Schule. 


ABER man muss hierfür definitiv bereit und gewillt sein, es läuft nicht ohne Grund unter dem Bereich des Service.